Transoceanica!
Transoceanica – so nennt sich die Verbindung von Brasilien nach Peru; eine Straße vom Atlantik zum Pazifik – oder eine Straße, die zwei Welten verbindet!
Kaum eine Straße in Südamerika ist so lang und so kontrastreich wie die Transoceanica! Sie führt von Brasilien nach Lima, der Hauptstadt Perus. Je nachdem von wo aus man startet, sei es in Rio de Janeiro oder in Sao Paulo, kommt man auf weit mehr als 6000 Kilometer. Wir haben diese Route mit unserer ersten Reisegruppe bereist und zwar Porto Velho am Rio Madeira nach Lima.
Die Feuer am Amazonas sind erloschen. Zumindest da, wo wir unterwegs waren. Zwar sieht man es immer wieder noch am Straßenrand glosten oder in weiter Ferne eine Rauchschwade aufsteigen, aber die ersten Regenfälle der kommenden Regenzeit haben die Feuer erlöschen lassen. Der Urwald ist immer noch da, manchmal weit weg, in Indianerreservaten ganz nah, meistens aber in Sichtweite. Die Transoceanica hat Siedler, Bauern und Großgrundbesitzer in die heißen Ecken Rondonias und Acres gelockt; auf der Suche nach einem Auskommen und einem neuen, besseren Leben. Auch im Tiefland Perus – in dem Departement Madre de Dios – haben die Bauern gebrannt. Neues Gras soll die Tiere füttern und die Asche den Boden düngen. Die Härte des Lebens und der lange Weg zu einem kleinen Verdienst sind für uns oft nicht mehr nachvollziehbar. In all den berechtigten Forderungen nach Umweltschutz vergessen wir leicht, wie schwer sich andere Menschen damit tun, eine Lebensgrundlage zu finden – ohne jegliche soziale Unterstützung oder Hilfe vom Staat! Die meisten Europäer wären mit solch existentiellen Verhältnissen heutzutage sicherlich überfordert.
Hoch hinauf “INS REICH DES KONDORS”!
Die Transoceanica windet sich aus dem heißen Tiefland hinauf in die Anden. Kurve um Kurve klettern wir höher, bis ein Passschild auf 4.725 Meter anzeigt, dass jetzt mit anderen Temperaturen zu rechnen ist. Alte Inkaterrassen an steilen Berghängen weisen uns darauf hin, dass bereits seit Urzeiten Menschen in dieser Gegend siedelten. Vorbei geht es an kulturellen Schätzen Perus, an Steinbauten, die bis heute alle Erdbeben überstanden haben. Cusco als ehemalige Hauptstadt des Reichs der vier Himmelsrichtungen zeigt die kontroverse Geschichte zwischen Europäern und Inkas. Die Sieger haben geplündert, geraubt und zerstört, sind reich geworden und haben später wieder alles verloren.
Zwei Tage sind wir unterwegs auf der Transoceanica durch die peruanischen Anden zur Küstenwüste. Auf und ab, durch Schluchten, Täler, über Brücken und an Andenseen vorbei. Dann geht es fast 4000 Höhenmeter abwärts – an einem Stück. Die Wüste ist trocken, heiss und windig. Der Pazifik schickt seinen Dunst über 50 Kilometer Entfernung nach Nasca zu den myteriösen Linien. Lima liegt nur noch 400 Kilometer entfernt. Bis dahin erreichen wir immer wieder den großen Ozean, der auf uns eine faszinierende Verlockung ausübt. Welch krasser Gegensatz zu Lima, wo sich die Transoceanica im Straßendschungel verflüchtigt und verliert. 11 Millionen Menschen quälen sich Tag für Tag durch diese Stadt, während an der Abbruchkante zum Pazifik die große Freiheit und Einsamkeit beginnt.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben. (Alexander von Humboldt).